Sherlock Holmes: Crimes and Punishments Test
Große Verbrechen fordern einen großen Geist heraus. Darum schlüpfen die Spieler in dem Detektivspiel „Sherlock Holmes: Crimes and Punishments“ vom ukrainischen Entwicklerstudio Frogwares in die Haut des größten Ermittlers aller Zeiten. Aber was bietet das Spiel? Lohnt sich der Tauchgang in den Kopf eines Meisterdetektivs? Oder ist es doch nur ein simples Katz-und-Mausspiel?
Auf den Spuren des Verbrechens
Im London des 19. Jahrhunderts sollte das Leben geordneten Bahnen folgen. Aber das Verbrechen findet einen Weg in dieses geordnete Leben. Sechs verschiedene Fälle stellen Scotland Yard vor schier unlösbare Rätsel. Darum berufen sie sich auf ihre effektivste Waffe im Kampf für die Gerechtigkeit. Sie bitten den einzigartigen Detektiv Sherlock Holmes um Hilfe. Zusammen mit seinem Assistenten Dr. Watson macht sich der exzentrische Ermittler an seine Arbeit. Von einem mysteriösen Raub über das Verschwinden eines ganzen Zuges bis hin zu blutrünstigen Morddelikten ist alles dabei, was das Genie von Holmes richtig ins Schwitzen bringen soll.
Kein Stein bleibt auf dem anderen
Das Spielprinzip von „Sherlock Holmes: Crimes and Punishments“ ist zwar einfach aber wirkungsvoll. Die Spieler besuchen in der Haut des Meisterdetektivs die Tatorte der sechs Fälle und verschaffen sich einen Überblick. In der First-Person-Ansicht oder im Verfolgermodus übernimmt man die Steuerung des berühmten Detektivs und untersucht durch einen Mausklick Leichen, Spuren oder vermeintliche Verdächtige. Dabei könnte jedes Detail den entscheidenden Durchbruch bringen.
Je mehr Details Sherlock Holmes sammelt, desto mehr Verknüpfungen kann er auch in Gesprächen oder bei weiteren Untersuchungen herstellen (siehe hierzu auch Sherlock Holmes Deduktion). Nach und nach bekommen die Spieler ein Bild vom Tatablauf und können sich so das Verbrechen buchstäblich zusammenbauen. Allerdings ist es auch möglich, dass bei einem Tatort ein kleines Detail übersehen wird oder dass sie aus einem Gespräch nicht die richtigen Schlüsse zieht.
Es ist ein wichtiges Element des Spiels, dass alle Fälle nicht nur einen Ausweg bieten. Die Spieler entscheiden, wie sie einen Fall enden lassen wollen. Beschuldigen sie den Gärtner, weil es verdächtig wirkt? Oder lassen sie doch einen zwielichtigen Angestellten für die Tat verurteilen? Es gibt bei jedem Fall einen Täter, aber trotzdem können die Spieler den Falschen verurteilen, wenn sie ihre Hinweise anders auslegen oder bestimmte Details nicht finden.
Der Kniff mit der Moral
Sherlock Holmes war ein Exzentriker, der nicht immer so gehandelt hat, wie es der gesunde Menschenverstand vorgesehen hätte. Dieser Tatsache haben die Entwickler in „Sherlock Holmes: Crimes and Punishments“ auch ein wenig Ausdruck verliehen, indem sie dem Spieler die Entscheidungsgewalt über den Ausgang eines Falls überlassen. Wenn ein Täter bestimmt wurde, können die angehenden Hobbydetektive selber für Recht sorgen. Wenn sie wollen, dass ein Mörder seiner gerechten Strafe zugeführt wird, können sie ihn der Polizei übergeben und der Justiz ihren Lauf lassen. Aber genauso kann Sherlock Holmes sich dazu entscheiden einen Täter auf freien Fuß zu setzen und der Polizei ein falsches Ergebnis zu liefern. Leider wirken sich diese Entscheidungen nicht auf den weiteren Spielverlauf aus. Alle Episoden sind in sich abgeschlossen, sodass es keine große Rolle spielt, ob in einem Fall ein gerechtes oder ein menschliches Urteil gefällt wird.
Alte Figur mit neuem Leben
Um der Figur von Sherlock Holmes neues Leben einzuhauchen, haben sich die Entwickler von Frogwares viel Mühe gegeben. Die einzelnen Tatorte und Spielräume sind dank der Unreal Engine 3 unglaublich realistisch und sehr detailreich gestaltet und vermitteln eine Atmosphäre, als wären die Spieler fast schon wirklich im viktorianischen England gelandet. Auch die Synchronstimmen und die stimmige Musik sorgen für eine wunderbar dichte Atmosphäre. Diese Hilfsmittel beleben zwei Originalkurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle in neuer Form zum Leben. Die anderen vier Fälle stammen zwar aus der Feder von Frogwares selbst, sind aber derart gut auf die Figur und die Welt von Sherlock Holmes abgestimmt, dass man als Spieler nicht bemerken würde, dass sie nicht in die Reihe der Holmes-Geschichten gehören.
Es gibt aber auch einen kleinen Wertmutstropfen. Denn obwohl die Charaktere wirklich wunderbar gestaltet sind und die Suche nach Hinweisen durchaus unterhaltsam ist, sind die einzelnen Locations leider ansonsten leer. Es gibt keine kleinen Hingucker und nichts, was den Spieler einen kurzen Moment verweilen lässt. Darum geht man als Spieler eher stringent von Tatort zu Tatort und sammelt, was man für den Abschluss eines Falls braucht.
Ein umtriebiger Geist
Der von Sir Arthur Conan Doyle erdachte Meisterdetektiv Sherlock Holmes wird in vielen Geschichten als brillanter Ermittler mit einem überragenden Verstand aber auch vielen Schwächen geschildert. Er experimentiert mit gefährlichen Praktiken und bringt sich und Watson mehr als einmal in Gefahr. Diese Seite wird in „Sherlock Holmes: Crimes and Punishments“ leider nur angerissen, sodass die Spieler einen höflichen, zurückhaltenden Ermittler kennenlernen, der nur in sehr wenigen Momenten kleine Grenzerfahrungen macht.
Insgesamt wirkt das Spiel wie ein Schritt in die richtige Richtung, der nicht weit genug gedacht wurde. Es gibt sehr viel Potential, das verschenkt worden ist. Die teilweise zu einfachen Rätsel und die Level ohne Tiefe sind dafür ein gutes Beispiel. Genauso fehlen die Konsequenzen für die Handlungen des Detektives. Außerdem ist die Ermittlungsdauer der einzelnen Episoden mit gerade einmal zwei bis drei Stunden pro Fall deutlich zu kurz.
Trotzdem ist „Sherlock Holmes: Crimes and Punishments“ kein schlechtes Spiel und macht auch viel Spaß. Dafür sorgen unter anderem die tolle Grafik und eine wirklich gute Synchronisation. Dem Spiel hätte aber mehr Tiefe deutlich besser gestanden, um es zu einem hervorragenden Sherlock-Holmes-Erlebnis zu machen.
Das könnte dich auch interessieren